Maximilian J. Weiss
Kooperationspartner
Florian Malescha
Partner - Patentanwalt
26.8.2024
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Artikel

Entscheidung zur Rolle von KI bei Patentanmeldungen (Az. X ZB 5/22)

Entscheidung zur Rolle von KI bei Patentanmeldungen (Az. X ZB 5/22)

Kann eine KI als Erfinder eines Patents anerkannt werden?

Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 des Patentgesetzes (PatG) können ausschließlich natürliche Personen sein. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof(BGH) in seinem Urteil (X ZB 5/22) am 11. Juni 2024 entschieden und damit Klarheit über die Rolle künstlicher Intelligenz (KI) im deutschen Patentrecht geschaffen.

Gegenstand des Verfahrens war das KI-System DABUS (Device for the Autonomous Bootstrapping of Unified Sentience), das einen innovativen Lebensmittel- oder Getränkebehälter mit fraktalem Profil sowie ein Blinklicht für Notfälle generiert hat.

DABUS wurde von Dr. Stephen Thaler entwickelt und seit 2019 in mehreren Patentanmeldungen als "Erfinder" benannt. Diese Anmeldungen haben weltweit die Frage aufgeworfen, ob eine KI als Erfinder anerkannt werden kann. Die auf dem amtlichen Formblatt eingereichte Erfinderbenennung enthielt die Angabe: "DABUS - Die Erfindung wurde selbstständig durch eine künstliche Intelligenz erzeugt".

Dies lehnte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) jedoch mit der Begründung ab, dass nach § 37 Abs. 1 PatG nur natürliche Personen als Erfinder benannt werden können. Im Beschwerdeverfahren beantragte Dr. Thaler unter anderem die Erfinderbenennung dem Zusatz "c/o Stephen L. Thaler, PhD" zuzulassen, um den Beitrag der künstlichen Intelligenz hervorzuheben.

Das Bundespatentgericht (BPatG) lehnte dies ab, akzeptierte jedoch schließlich die Formulierung "Stephen L. Thaler, PhD, der die künstliche Intelligenz DABUS dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren". Diese Formulierung sei laut dem BPatG nicht zu beanstanden, da sie in dem vorgesehenen Feld die Angabe einer natürlichen Person enthalte und zudem vermerkt sei, dass der Erfinder auch Anmelder ist. Zudem verstoße der zusätzliche Hinweis auf die künstliche Intelligenz nicht gegen § 7 Abs. 2 PatV.

Das BGH stellt nun in seinem Urteil folgende Leitsätze heraus:

a)   Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt.

b)   Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder ist auch dann möglich und erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist.

c)   Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder im dafür vorgesehenen amtlichen Formular genügt nicht den Anforderungen aus § 37 Abs. 1 PatG, wenn zugleich beantragt wird, die Beschreibung um den Hinweis zu ergänzen, die Erfindung sei durch eine künstliche Intelligenz generiert oder geschaffen worden.

d)   Die Ergänzung einer hinreichend deutlichen Erfinderbenennung um die Angabe, der Erfinder habe eine künstliche Intelligenz zur Generierung der Erfindung veranlasst, ist rechtlich unerheblich und rechtfertigt nicht die Zurückweisung der Anmeldung nach § 42 Abs. 3 PatG.

Zudem betonte der BGH, dass es derzeit keine Systeme gibt, die völlig ohne menschliche Vorbereitung oder Einflussnahme Erfindungen hervorbringen. Ein menschlicher Beitrag, der den Gesamterfolg der Erfindung wesentlich beeinflusst, ist erforderlich, um als Erfinder anerkannt zu werden. Allerdings scheint der BGH der Art und Intensität dieses menschlichen Beitrags keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Der BGH hob hervor, dass es für den Anmelder zumutbar und möglich ist, (mindestens) einen menschlichen Erfinder zu benennen, selbst wenn eine KI den Hauptbeitrag geleistet hat.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Erfindungen, die unter Mitwirkungen von einem KI-System entwickelt wurden, weiterhin einer natürlichen Person zugeschrieben werden müssen. Die Nutzung von KI-Tools ändert also nichts an der Tatsache, dass der menschliche Entwickler als Erfinder gilt.

Für Anmelder bedeutet dies, sicherzustellen, dass nur natürliche Personen als Erfinder benannt werden können, auch wenn KI-Systeme maßgeblich zur Erfindung beigetragen oder die technische Lehre zu einem Großteil durch eine KI beeinflusst oder generiert wurde. Die Rolle des Erfinders bleibt also vorerst einer natürlichen Person vorenthalten.  

Dieses Urteil könnte auch Auswirkungen auf anderen Jurisdiktionen und/oder internationale Patentanmeldungen haben, wobei abzuwarten bleibt, wie sich die Rechtsprechung in dieser Hinsicht entwickeln wird, insbesondere angesichts der rasanten Fortschritte in der KI-Technologie.