Florian Malescha
Partner - Patentanwalt
17.12.2024
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Artikel

Patentanmeldungen mit und von künstlicher Intelligenz

Patentanmelungen mit und von künstlicher Intelligenz

Die rasante Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) hat nicht nur technologische Fortschritte ermöglicht, sondern auch neue Herausforderungen und Chancen im Bereich des Patentrechts geschaffen. Es stellen sich dabei u.a. folgende Fragestellungen: Wie lässt sich KI erfolgreich durch Patentanmeldungen schützen? Und welchen Einfluss haben KI-bezogene Erfindungen auf Patentanmeldungen?

Künstliche Intelligenz wird als ein Zweig der Informatik betrachtet, der spezifische Herausforderungen bei der Patentierung mit sich bringt. Da KI auf Rechenmodellen und mathematischen Algorithmen basiert, die als abstrakt gelten und grundsätzlich von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind (Art. 52 (2) EPÜ), stellt sich die Frage,wie KI dennoch durch Patente geschützt werden kann. Patente können insbesondere dann erteilt werden, wenn KI über das Abstrakte hinausgeht und zur Lösung einer technischen Aufgabe in einem technischen Bereich eingesetzt wird. Typische Beispiele hierfür sind die Klassifikation und Analyse von Bild-, Video-, Audio- oder Sensordaten sowie die Steuerung spezifischer Systeme.

Ein Blick auf die jüngsten Entscheidungen des Europäischen Patentamts (EPA) verdeutlicht die Herausforderungen und Chancen bei der Patentierung von KI.

Durch die Grundsatzentscheidung J 0008/20 (Designation of inventor/DABUS) ist zunächst festgelegt worden, dass nur eine natürliche Person als Erfinder im Sinne des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) benannt werden kann (so auch die deutsche Rechtsprechungdes BGH X ZB 5/22).

Die der Entscheidung T 161/18 zugrundeliegende Entwicklung betrifft die Transformation von peripheren Blutdruckkurven inäquivalente aortale Drucke mittels eines künstlichen neuronalen Netzwerks (ANN). Das EPA entschied, dass die Trainingsdaten des ANN unzureichend offenbart wurden, und folgerte, dass die Erfindung als nicht ausführbar im Sinne von Art. 83 EPÜ gelte. Aus der Entscheidung ist abzuleiten, dass spezifische Details über Trainingsdaten und die Eingabe-/Ausgabeparameter sowie Verarbeitungsschritte des ANN als entscheidend für die Anforderungen an die Ausführbarkeit erachtet werden.

Eine weitere Entscheidung T 1669/21 befasst sich mit einem Verfahren zur Bestimmung des Zustands einer feuerfesten Auskleidung in einem metallurgischen Gefäß. Hier entschied das EPA, dass der Begriff „Rechenmodell“ sowohl analytische (nicht auf KI basierend) als auch „machinelearning“-Modelle umfasst. Diese Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit, die spezifische Modellarchitektur und konkreten Eingabe-/Ausgabeparameter detailliert zu beschreiben.

Die Entscheidung T 2803/18 betrifft ein Verfahren zur automatischen Erkennung von Inkontinenz. Das EPA entschied, dass die beanspruchte technische Wirkung, nämlich eine Verbesserung der Genauigkeit bei der Feuchtigkeitsschätzung, nicht ausreichend durch vergleichende Daten belegt wurde. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung von Vergleichsdaten zur Demonstration von Verbesserungen gegenüberdem Stand der Technik.

Zusammenfassend zeigen diese Entscheidungen, dass beim Ausarbeiten von Patentanmeldungen gewisse „Regeln“ einzuhalten sind, um die Patentierbarkeit von KI-Erfindungen sicherzustellen. Patentanmeldungen sollten detaillierte Informationen über Trainingsdaten, Modellarchitekturen und technische Verbesserungen gegenüber dem der Patentanmeldung zugrundeliegenden Stand der Technik bereitstellen. Zudem bleibt die Benennung menschlicher Erfinder unerlässlich, selbst wenn KI eine zentrale Rolle bei der Erfindung spielt.